Samstag, 8. Januar 2011

Frau S

 Es ist Zeit, von einer wirklich einmaligen Haushälterin, Frau S, zu erzählen, die eine Zeit lang unser Leben begleitete, als ich mich von einem Kreuzbandriss erholte. Von dieser Frau erzähle ich gerne und das meine ich gar nicht böse, denn sie hat meine Leben in vielerlei Hinsicht bereichert, was das Thema Andersartigkeit und den entspannten Umgang damit angeht. Das Leben ist ja sonst so langweilig, wenn alle immer das Gleiche toll finden, gleich aussehen u.s.w.. Schon ihr Name war Programm: Enfernt klang er wie der Name jenes Putztuches und Staubwedels, dass den Staub besonders gut aufnimmt, deshalb nennen wir sie jetzt Frau S. Zunächst einmal hatte sie optisch und sensorisch einiges zu bieten, auch wenn es mir leid tut das sagen zu müssen. Ihr Hairstyle und Outfit erinnerte mich irgendwie an eine Mischung aus Wolle-Petry und Catweazle und ihr "Duft", woher er auch immer kam, traf irgendwie auch nicht meinen Geschmack.


Aber wir wollen ja nicht oberflächlich werden.

 Sie hatte  auch ein traumhaftes Gespür für überflüssige Tätigkeiten, z. B.das stundenlange Auswischen und Putzen der Küchenschubladen VON INNEN, wohlwollend ignorierend, dass draußen, außerhalb der Schubladengalaxie noch kein Reinigungshandschlag getan wurde und das Kind auch verwahrlost in der Ecke saß. Das zielsichere Übersehen der Basics kennzeichnete ihre Arbeitsweise, z.B. auch das Stehenlassen des halben Einkaufs vor der Haustüre bei 30 Grad im Schatten (überflüssig zu erwähnen, dass NATÜRLICH Tiefkühlware geladen war....). Etabliert hat sich seitdem bei derartigen Vorkommnissen in unserem Haushalt ihr routinierter Ausspruch " Ich könnt` schwören.......das war nur eine Tüte?!?!",
 den sie mit verstörtem Gesicht und gerunzelter Stirn bebilderte.


Unvergessen bleibt auch die Episode, als unser damals 2jähriger Großer mit einem tollkühnen Kopfsprung gegen den uralten Lamellenheizkörper sprang, rutschte oder wie auch immer das geschah und mit einem halb gespaltenen Kopf bewußtlos davor liegen blieb. Vorneweg: Es war alles halb so schlimm, sah aber im ersten Moment durchaus lebensbedrohlich aus. Frau S erkannte sofort den Ernst der Lage und rannte mit dem Ausruf: " Ich weiß, ich hole was!" in die Küche, während ich die Lebenszeichen überprüfend das bewußtlose Kind tätschelte. Ein paar Sekunden später kam sie hechelnd und mit quietschenden Sohlen wieder um die Ecke gesaust, den Arm erhoben und in der Hand.....


unser allergrößtes Fleischermesser aus dem Küchenblock. Ich dachte wirklich "Jetzt isset soweit! Jetzt ist sie total bekloppt geworden!", drehte mich schützend vor das Kind und versuchte sie zeitgleich mit meiner Beinschiene zu Fall zu bringen, um das Schlimmste zu verhindern. Aalgleich gelang es ihr dennoch sich an mir gehbehindertem Menschen vorbeizuschlängeln und dem Kind - ich hielt den Atem an - das Messer AUF die Wunde zu drücken. "Ich weiß, das macht man so bei schweren Kopfverletzungen! Das kühlt man so!" schrie sie mit irrem Blick, bevor ich zurückschreien konnte "Um Himmels willen, nehmen Sie das Messer da weg oder ich hau Sie!"

Ne ist klar, wann war das denn die Methode der Wahl? Damals als es noch keine Kühlschränke und Kühlpacks gab. Aber da hat sie doch auch noch nicht gelebt.....oder vielleicht doch??? Wie war das mit der Ähnlichkeit zu Catweazle? Auch gewöhnungsbedürftig die Vorstellung, dass der Notarzt erstmal ein Messerset auspackt, wenns gerumst hat, das kleine für die kleinen Wunden, das Große für......Ja und überhaupt lächerlich die Annahme, die Messerstecher dieser Welt hätten die Messer zum Stechen dabei! Alles Notärzte! Die wollen nur kühlen!

Irgendwann war sie dann wieder weg und wir hatten alle viel dazugelernt.

Salmei  Dalmei Adomei
(der belesene Literat weiß jetzt, dass das Catweazles Zauberspruch ist)

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