Freitag, 6. April 2012

Ein Besuch im Dunkelrestaurant "UNSICHT-BAR" Köln

Ich muss euch mal was erzählen. Eine Geschichte aus der Dunkelheit. Ich war mal wieder mit Heidi auf der Suche nach dem eher Ungewöhnlichen unterwegs, als wir beide beim gemeinsamen Brainstorming feststellten, dass wir doch gerne mal in einem.....dem.....Dunkelrestaurant essen gehen würden. Wir hatten beide schon davon gehört, aber mehr eben auch nicht. Ein Restaurant, in dem in absoluter Dunkelheit gespeist und von Blinden bzw. Sehbehinderten serviert wird. Unseres war das "Unsicht-Bar" in Köln.

Also! Tisch reserviert, was durchaus erforderlich war, denn einen Platz bekamen wir erst 2 Wochen später angeboten, mit Reservierungsnummer, das war ja schon mal so unromantisch, wie aufm Amt.

Eines schönen Abends dann hin. Ein unscheinbares Entree erwartete uns, aber da hatte ich auch nicht viel erwartet, wozu auch? Ein Mann hinter der Kasse, der nach dem Menüwunsch fragte und eine weitere Nummer die man zugeteilt bekam......damit man später auch das richtige Essen auf den Teller bekommt. Ich nahm das Lamm-, Heidi das Geflügelmenü. "Unsere" Kellnerin, Sheva, holte uns dann in einer Pollonaise in die Dunkelheit.......zu Wolfgang und Sybille, mit denen wir uns einen Tisch teilten......." Da sitzen schon zwei aber die sind tooooootaaaaal nett!!!" Auwei.....wenn mir einer schon so kommt! Klang verdammt nach Cluburlaubanimation auf Malle. Okay! Koordinationstechnisch hatte ich kaum Probleme: Stuhl hier, Tisch und Wolfi da, Getränk auf 11 Uhr, Besteck auch tastbar und ein hilfreicher Platzteller auf den die Gerichte.....LAUTLOS!!!....gestellt wurden. Sheva kündigte zwar alle Speisen an (" Die 459 bekommt jetzt was!") und man hörte sie mit einem sprechenden Rollwagen hantieren, das HINSTELLEN gelang ihr aber faszinierender Weise völlig geräuschlos.

Wolle und Sybille waren wirklich nett. Rein akustisch ein Trucker mit seiner Perle auf Event unterwegs ("Hab isch Sybille zum Jebuchztach jeschänk!")....aber spassig und bodenständig. Der Rest des Raumes war durch kneipenmäßiges Brabbeln erfüllt, wir waren also nicht alleine. Geschätzte 30 Personen schienen sich im Raum zu befinden, teils nah teils fern. Unheimlich war, dass einige sich gar nicht zu unterhalten schienen, so drehte ich mich einmal herum um meine nähere Umgebung ("Wand????") zu ertasten, und griff direkt einer Person an den Arm ("Oh sorry...."......keine Antwort.....brrrrrr, grusel!!!). Andere hingegen waren mehr als kommunikativ, so unser Nachbartisch. Hier saß ein medizinisch einschlägig gebildeter Junggeselle mit seiner dauergiggelnden Freundin. Ich erwähne mahnend an dieser Stelle, dass man sich auch in absoluter Finsterniss mit frivolen Kommentaren und Witzen nicht zum Hecht mausert (" Wenn du wüsstest wie ich aussehe...rrrrr...ich habe.....", "Danke, reicht schon!") und dererlei Ausprüche auch bei optischer Unkenntlichkeit schlimmer sind, als nackt mit Knoblauchfahne im Fahrstuhl...... . Aber gut.

Nun zum Essen. Stolze 45 € plus Getränke kostete der Spaß und....es tut mir wirklich leid, aber darüber konnte mich auch die Dunkelheit nicht täuschen, das Essen war mies, auf gaaaaaar keinen Fall 45 € angemessen! Durchschnittshausmannküche mittlerer Güte: Ein schlabbriger Salat mit ein paar eingelegten Antipasti etwas Parmesan und einer Scheibe Prosciutto, das Lamm war okay, aber wie im Altenheim KLEIN GESCHREDDERT ! , die Kartoffeln nicht knusprig sondern labbrig aus der Microwelle (und nicht gar!) und eine einfallslose Nachspeise ( Joghurteis mit etwas Sahne und roter Grütze). Hausgemacht? Sowas bekommt auch jede bessere Kantiene hin, die will aber keine 45 € dafür. Mit allen Sinnengenießen ist anders.



Merke: Dunkelrestaurant ist KEINE Reise wert. Witzige Idee lieblos umgesetzt und vielleicht sogar ein bißchen die Sehenden für dumm verkauft. Schade.

Vielleicht noch eine kleine Rätselsauflösung ;-DDDD: Wir verließen zusammen mit Sybille und Wolfi das Restaurant. Nix Trucker mit Perle, geschniegelter Beamter mit gelockter Dame......hahahaha......da haben Heidi und ich aber gelacht, denn wir hatten sie beide gleich falsch eingeschätzt. Na da haben wir doch mal was gelernt! ;-DDDD Was die wohl von uns gedacht haben???? ;-DDDD

2 Kommentare:

  1. Lustig geschriebener Bericht!
    Das habe ich auch vor 2 Jahren erlebt, allerdings in Essen. Mir hat das Menü dort gut geschmeckt, hatte allerdings große Schwierigkeiten mein Steak zu schneiden bzw. mit dem Messer zu treffen, so dass ich es dann in die Hand genommen habe - hat ja keiner gesehen :-)
    Seit diesem Dunkelerlebnis habe noch mehr Respekt vor blinden Menschen und wie sie sich fröhlich koordinieren.
    Aber ganz ehrlich, ich würde dieses Event nicht noch einmal buchen, denn ich finde das Auge isst mit und ich will vorher wissen, was ich auf er Gabel oder auf dem Löffel habe. UND: ich war mit meinem Mann dort und es ist viel schöner ihn während des Essen in die Augen zu schauen :-)

    Liebe Grüße! Helga

    AntwortenLöschen
  2. Da sagst du was , Helga! Ich denke,der Grund warum das Lamm klein geschnitten war, war genau dein angesprochenes Problem! Für einen echten Genussmenschen ist der Besuch dort nicht wirklich erfüllend.....und wenn man dem Mann dann noch nicht mal in die Augen schauen kann ;-)....naja....ich war ja mit Heidi da, das war nicht so das Problem......oder Heidi????

    Schöne Ostertage Helga!

    Anne

    AntwortenLöschen